Annette Hess: Deutsches Haus

Deutsches Haus - Annette Hess

Eva ist Dolmetscherin für Polnisch, eigentlich auf Wirtschaft spezialisiert. Aber als zu Beginn des ersten Auschwitzprozesses 1963 ein Übersetzer fehlt, widersetzt sich sich ihren Eltern und ihrem Verlobten, Jürgen, und entschließt sich, den Zeugen eine Stimme zu geben. So steht sitzt sie schließlich im Gerichtssaal neben den Menschen, die die Gräueltaten der Nationalsozialisten in Auschwitz überlebt haben und beginnt nach und nach selber zu begreifen, was dort geschehen ist.
Denn bei Eva zu Hause wird darüber nicht gesprochen. Ihr Vater behauptet, während des Kriegs in der Feldküche an der Westfront zu gearbeitet zu haben. Doch der allwissende Erzähler lässt seine Leser gleich zu Beginn der Geschichte wissen, das Evas Vater lügt.
Im Frankfurt der 60er Jahre betreiben Evas Eltern die Gaststätte „Deutsches Haus“, ihre ältere Schwester Annegret arbeitet als Krankenschwester auf einer Säuglingsstation. Und neben den beiden Mädchen gibt es noch einen jüngeren Bruder, Stefan.

Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven. Zum einen entstehen so verschiedene Handlungsstränge, zumm anderen sieht man so von mehreren Blickwinkeln auf eine Situation oder einen Aspekt. So kamen beispielsweise auch Jürgens Blick auf die Beziehung zu Eva oder die Sicht des Kanadiers David Miller auf den Prozess zum Tragen.
Annegrets Geschichte kam mir dabei jedoch ein wenig losgelöst von dem Rest vor, der sich doch vor allem um Eva und den Prozess drehte.

Die Sprache war klar und leicht zu lesen. Allerdings wirkte es zunächst ein wenig seltsam, dass einige Figuren nie beim Namen genannt werden. Der Generalstaatsanwalt wurde beispielsweise durchweg als „der Hellblonde“ bezeichnet.

Positiv hervorheben möchte ich noch die charakterliche Entwicklung, die Eva durchmacht. Zunächst wirkt sie schüchtern, unsicher, abhängig von allen anderen. Aber im Laufe der Geschichte findet sie einen eigenen Standpunkt, den Mut ihn zu vertreten und die Kraft für das einzustehen, was sie für richtig hält.

Ein wichtiges Thema ist zweifellos der Umgang mir der Vergangenheit, das Aufarbeiten und Auseinandersetzten mit dem, was in Auschwitz getan wurde. Die Situation im Gerichtssaal, die Zeugen, die Angeklagten, Richter, Verteidiger und Staatsanwaltschaft wurde sehr eindrücklich geschildert. Genau wie der Unwillen von Evas Eltern, sich überhaupt damit auseinanderzusetzen.

Insgesamt eine zweifellos wichtige Thematik verpackt in einer eindrücklich erzählten Geschichte.